Der nördliche Teil des Wüstenstaates Nevada steht nicht gerade in dem Ruf, ein touristischer Hotspot zu sein. Doch gibt es auch dort eine Menge zu erleben. Die Kleinstadt Ely ist eine von den wenigen Ortschaften in der dünnbesiedelten Region und sehr viel mehr als bloß irgendein Wüstenkaff.
Mit stattlichen 4.000 Einwohnern Kreisstadt des White Pine County und größte Ortschaft im Umkreis von Dutzenden Meilen ist Ely das Sprungbrett zu einem der bemerkenswertesten Nationalparks der USA, dem Great Basin National Park. Das entlegene Schutzgebiet befindet sich nur einhundert Kilometer südöstlich von Ely, was für die hiesigen Entfernungen einem Steinwurf gleichkommt.
Der Ward Charcoal Ovens State Historic Park, der gleichsam vor den Toren der Stadt liegt und ein weiteres interessantes Ausflugsziel abgibt, umfasst sechs Steinöfen aus dem Jahr 1876. In den Öfen, deren Aussehen an Bienenkörbe erinnert, wurde Holzkohle hergestellt, die beim Schmelzen von Kupfer- und Silbererz Verwendung fand. Das historische Relikt gibt Aufschluss über die Industriegeschichte der Region. Ely war bekannt als Zentrum des Bergbaus und hat sich als Eisenbahnstadt einen Namen gemacht.
All das ist längst Geschichte, doch Ely blieb die Eisenbahn in Form eines Eisenbahnmuseums mit angeschlossener Museumsstrecke erhalten. Das Nevada Northern Railway Museum ist der touristische Höhepunkt des Ortes und beschert Ely einen regen Zustrom an Eisenbahnfans. Eingerichtet ist es im historischen Bahnhof von East Ely, der in seinem ursprünglichen Zustand erhalten ist und als National Historic Landmark unter Denkmalschutz steht. Das Areal gilt als eine der am besten erhaltenen Eisenbahnanlagen der USA.
Die Sammlung an Ausstellungsstücken lässt die Herzen von Eisenbahnfans garantiert höher schlagen. Zwei der drei Dampfloks, die zum Inventar gehören, sind sogar noch regelmäßig im Einsatz. Sie befördern Museumsbesucher im Ghost Train of Old Ely von dem historischen Bahnhof in die Nachbarorte Ruth und McGill. Die Museumsfahrten sind eines der besten Eisenbahnerlebnisse im Südwesten der USA, zumal Besucher auch die Möglichkeit haben, selbst das Steuer zu übernehmen.
Allein das Eisenbahnmuseum zieht eine beachtliche Zahl an Gästen in die fast menschenleere Einöde. Absteigen kann man seit jeher im größten Hotel weit und breit, das passender Weise den Namen Hotel Nevada and Gambling Hall trägt. Nach seiner Eröffnung 1929 war es sogar zwei Jahre lang das höchste Gebäude des Bundesstaates. In dem für einen Ort wie Ely sehr imposanten Backsteinbauwerk,in dem sogar berühmte Persönlichkeiten wie US-Präsident Lyndon B. Johnson oder der Autor Steven King zu Gast waren, lässt es sich gut nächtigen, und mit allerlei Gastronomie und Glücksspiel ist auch für Kurzweil vor oder nach einer langen Reise gesorgt.
Das mit der langen Reise ist sogar wörtlich zu nehmen, denn von Ely aus ist man bis zu den nächsten Orten eine ganze Weile unterwegs – und dabei nicht selten mehr oder weniger allein. Der U.S. Highway 50, der Ely durchquert, wird – völlig zu Recht – als einsamste Straße Amerikas (Loneliest Road in America) bezeichnet. An dem Highway, der Nevada ungefähr mittig durchquert und zwischen den Städten Fallon und Delta in Utah rund 660 Kilometer zurücklegt, liegen gerade einmal drei Ortschaften, nämlich Austin, Eureka und eben Ely. Wer Einsamkeit und endlose Weiten sucht, ist auf dieser Straße bestens aufgehoben.