Natchez National Historical Park

Der Natchez National Historical Park in der gleichnamigen Kleinstadt Natchez erinnert an einen bemerkenswerten Ort, an dem sich bedeutende Handlungsstränge der amerikanischen Geschichtsschreibung überschneiden. Von der Kultur des indigenen Volkes der Natchez über die europäische Besiedlung, die Plantagenwirtschaft und Sklaverei bis hin zum Kampf um Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung kreuzen sich hier viele Lebensgeschichten und Schicksale. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Entwicklung Amerikas zu dem, was es heute ist, am Unterlauf des Mississippi River mitgeprägt wurde.

Der historische Nationalpark wurde 1988 errichtet und umfasst verschiedene geschichtsträchtige Schauplätze in Natchez, das als älteste Stadt des Bundesstaates Mississippi auch ansonsten ein interessantes Reiseziel abgibt. Für den Auftakt empfiehlt sich ein Besuch im Visitor Center. Nur 200 Meter vom Ufer des mächtigen Mississippi River entfernt, dient es zugleich als Besucherzentrum für den Natchez Trace Parkway und als Willkommenszentrum des Staates. Besucher können sich anhand interessanter Ausstellungen somit nicht nur über die Lokalgeschichte informieren, sondern erhalten auch jede Menge Tipps für Entdeckungen. Unbedingt ans Herz gelegt werden dabei stets das Melrose Estate und das Johnson House als steinerne Zeitzeugen.

Das Herrenhaus auf dem als Melrose bekannten Anwesen ist eines der historischen Juwelen des Parks. Das neoklassizistische Bauwerk inmitten einer romantischen Parklandschaft gilt als eines der großartigen Häuser im Süden der Vereinigten Staaten. Sein Inneres ist zudem reich bestückt mit Kunst- und Ausstellungsgegenständen aus dem 19. Jahrhundert. Zur Geschichte von Melrose gehört aber auch, dass sein Bauherr und Bewohner, der Politiker und Plantagenbesitzer John T. McMurran, auch über das Wohl und Wehe unzähliger Sklaven herrschte, die er sein Eigentum nannte. Während das Herrenhaus geführten Touren vorbehalten ist, können Besucher die Außenanlagen auf eigene Faust erkunden. Zu den gut erhaltenen Außengebäuden, die den historischen Wert des Anwesens maßgeblich mitbestimmen, gehören auch primitive Sklavenquartiere.

Ungleich besser erging es da einem gewissen William Johnson, der selbst in die Sklaverei geboren, aber im Alter von elf Jahren in die Freiheit entlassen wurde. Später kam er als gelernter Barbier nach Natchez zurück und wurde ein angesehener Unternehmer, der sogar ein eigenes Haus besaß. Das William Johnson House als weiterer Eckpfeiler des Natchez National Historical Parks stellt die bemerkenswerte Lebensgeschichte eines Mannes vor, der über viele Jahre ein detailliertes Tagebuch führte und auf diese Weise nachfolgenden Generationen einen authentischen Blick in jene Zeit ermöglichte.

Eine der wohl merkwürdigsten Wendungen in Johnsons Leben ist die Tatsache, dass er später selbst Sklaven besaß. Nicht minder ironisch ist der Umstand, dass Johnson von einem Nachbarn in einem Streit erschossen wurde, der für die Tat nicht belangt werden konnte. Die vorhandenen Zeugen waren schwarz und durften nach dem damaligen Gesetz nicht gegen Weiße aussagen. Es sind Begebenheiten wie diese, die einen Besuch im Natchez National Historical Park zu einer interessanten und lehrreichen Angelegenheit machen.

Heute nicht mehr existent, aber dennoch Orte von enormer historischer Bedeutung sind Fort Rosalie und Forks of the Road. Fort Rosalie war eine Befestigungsanlage, die die Franzosen im Jahr 1716 an einer strategisch günstigen Stelle oberhalb des Mississippi errichteten und damit den Grundstein für das heutige Natchez legten. Das Fort diente als militärische Festung, Handelsposten für den Austausch mit den indigenen Bewohnern der Gegend und als Verwaltungssitz der Kolonialherren. 1729 kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Volk der Natchez und den Franzosen. Hiervon und der nachfolgenden Herrschaft von Engländern, Spaniern und Amerikanern zeugt heute nur noch eine sorgsam gehütete Grünfläche.

Auch die berüchtigten Forks of the Road sind heute ein Ort, der nur noch aus Geschichtsbüchern und Erzählungen bekannt ist. In Form von Schautafeln erinnert der Natchez National Historical Park an einer Gabelung des D’Evereux Drive in Höhe der Liberty Road an einen der geschäftigsten Sklavenmärkte, die die Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert besaßen. Der Sklavenmarkt existierte von 1832 bis 1863. Zu jener Zeit war Natchez eines der Epizentren der Sklaverei.

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