Scranton

Scranton steht nicht gerade in dem Ruf, eine typische Tourismusdestination zu sein. Stahlindustrie, Eisenbahnen und Kohlebergbau prägten die Stadt im Nordosten Pennsylvanias seit ihren Anfängen. Doch gerade das könnte einer der Gründe sein, die Stadt näher unter die Lupe zu nehmen. Bei genauerem Hinschauen entdeckt man nämlich einiges, das einen Besuch nicht bereuen lässt.

Als eines der Zentren des Kohlebergbaus, der die Stadt und ihre Umgebung nachhaltig prägte, trifft man selbstverständlich überall auf Relikte der Generationen zurückreichenden Montangeschichte. Anschaulich wird das reiche Industrieerbe im Pennsylvania Anthracite Heritage Museum im McDade Park aufbereitet. Bei der Lackawanna Coal Mine Tour lässt sich der beschwerliche Alltag der Bergarbeiter erahnen. Mit einer Grubenbahn geht es durch einen Stollen in die Tiefen des historischen Lackawanna-Bergwerks. Das spannende Abenteuer sollte man sich nicht entgehen lassen. Es gilt als eines der besten Erlebnisse in Scranton und ist ein Muss für alle, die sich für die Tradition des Bergbaus interessieren.

Eisenbahnfans dürften in dem früheren Bahnknotenpunkt ebenfalls voll auf ihre Kosten kommen. Mitten in der Stadt erinnert heute die Steamtown National Historic Site an die Geschichte der Eisenbahn, die im 19. und 20. Jahrhundert zuverlässiges Rückgrat der wirtschaftlichen Entwicklung der USA war. Eingerichtet ist der Park im Bahnbetriebswerk der einstigen Delaware, Lackawanna and Western Railroad.

Herzstück der Anlage ist ein voll funktionsfähiger Lokschuppen mit Drehscheibe, bestückt mit einer großen Zahl an historischen Lokomotiven. Demonstrationsfahrten auf dem Museumsgelände, die von Frühjahr bis Herbst stattfinden, begeistern die Besucher durchweg. Noch erinnerungsträchtiger sind Ausfahrten an Bord eines Museumszuges in das Umland. Auf dem Programm stehen Fahrten unter anderem nach Carbondale oder zur Delaware Water Gap Station. Letztere befindet sich am südlichen Rand der gleichnamigen Delaware Water Gap National Recreation Area, einem traumhaften Naturparadies, das man mit einem Besuch in Scranton unbedingt verbinden sollte.

Direkt neben dem historischen Steamtown ist – irgendwie passend zum Thema – das Electric City Trolley Museum untergebracht. Es beherbergt eine Reihe historischer Straßenbahnwagen und erinnert an eine Zeit, in der Trams zum hiesigen Stadtbild gehörten. Ohne Frage ein unvergesslicher Höhepunkt ist eine Tour mit einem Trolley auf einer historischen Straßenbahnstrecke. Die Route führt vorbei an einem früheren Schmelzofen (Historic Iron Furnaces), der heute unter Denkmalschutz steht und durch den Crown Avenue Tunnel. Das Bauwerk gehört mit 4.747 Fuß zu den längsten Überland-Straßenbahntunneln der Welt.

Heute eine Rarität, gehörten Trambahnen einst zum Alltag in Scranton. Die Stadt wurde im Jahr 1886 ganz und gar die erste in den USA, in der elektrisch betriebene Straßenbahnen fuhren, was ihr den noch immer geläufigen Beinamen Electric City einbrachte. Hieran erinnert das riesige Electric City Sign. Das nachts beleuchtete Neonschild auf dem Dach des Scranton Electric Buildings im Herzen der Stadt ist eines der Wahrzeichen Scrantons.

Der Courthouse Square direkt davor mit dem imposanten Gerichtsgebäude des Lackawanna County ist gewissermaßen die gute Stube der Stadt. Mit pieksauberen Gehwegen und akkurat geschnitenem Rasen lädt der Platz zum Verweilen ein. Von dem industriellen Erbe oder gar dreckiger Kohle ist nicht zu Spur zu vernehmen. Die mehrgeschossigen Häuser verleihen dem Zentrum das Flair einer Metropole. Sie stammen aus einer Zeit, zu der Scranton mit 140.000 Einwohnern noch wesentlich bevölkerungsreicher war als heute.

Ein Relikt der Blütezeit ist der Masonic Temple. Das imposante Bauwerk, das Ende der 1920-er Jahre entstand, ist mit seiner Verbindung von Elementen von Neugotik, Neoromanik und Art déco nicht nur architektonisch interessant und einzigartig, sondern der kulturelle Mittelpunkt der Stadt. Er beherbergt das Scranton Cultural Center, das mit zwei Theaterbühnen Schauplatz hochkarätiger Darbietungen vom Broadway-Musical bis hin zum Konzert ist. Da verblasst manches Vorurteil, das Scranton wie vielen Orten im so genannten Rust Belt noch immer anhaftet, recht schnell.

Ebenfalls eine Institution ist das Houdini Museum. Es ist dem berühmten Zauberer und Entfesselungskünstler Harry Houdini gewidmet, der häufig im Nordosten Pennsylvanias auftrat. Das privat geführte Museum bietet zudem Zaubershows an und entführt seine Gäste auf diese Weise in eine Welt zwischen Realität und Illusion. Mit Fug und Recht lässt sich daher sagen, dass sich trotz Scrantons wechselvoller Geschichte die Kultur stets als Konstante erwies.

Was auch immer gleich blieb, sind die Traditionen, die sie seit jeher mit Hingabe pflegen. Eine davon ist die jährliche St. Patrick’s Day Parade. Sie ist der großen irischstämmigen Community zu verdanken. Erstmals im Jahr 1862 abgehalten, gehört sie zu den bedeutendsten Events im Veranstaltungskalender der Stadt. Sie zieht allein mehrere Zehntausend Zuschauer in ihren Bann. Jüngeren Datums, aber nicht weniger populär sind andere Veranstaltungen wie das Scranton Fringe Festival, ein mehrtägiges alternatives Theaterfest, das sie im Herbst in der ganzen Innenstadt feiern.

Wer den Geburtsort des US-Präsidenten Joe Biden beehrt, sollte sich eine Reihe weiterer Sehenswürdigkeiten nicht entgehen lassen. Dazu gehört neben dem Electric City Aquarium in der Innenstadt das Everhart Museum. Das im Nay Aug Park befindliche Museum verbindet Ausstellungen zu den Themen Naturkunde, Schöne Künste, Volkskunst und Gebrauchskunst und gehört mit mehr als 20.000 Exponaten zu den bedeutendsten Museen der Region. Nach einem Besuch sollte man sich einen Spaziergang durch den Park mit verschiedenen historischen Sehenswürdigkeiten und Aussichtspunkten nicht entgehen lassen.

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