Cincinnati ist immer eine Reise wert. Oder gar ein interessantes Ziel zum Auswandern. Die drittgrößte Stadt in Ohio gilt als einer der deutschesten Orte der USA. Einwanderer aus Deutschland haben die Metropole am Ohio River maßgeblich mitgeprägt und dabei Spuren hinterlassen, für die sie heute gefeiert wird. Dies kommt nicht zuletzt bei dem wohl wichtigsten Volksfest der Stadt zum Ausdruck, dem Oktoberfest.
Der vielleicht beste Weg, sich mit Cincinnati vertraut zu machen, ist das traditionelle Viertel Over-the-Rhine. Der Stadtteil nördlich der Innenstadt ist einer der größten und besterhaltenen historischen Stadtbezirke in den Vereinigten Staaten. Die meisten Gebäude errichteten die Einwanderer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in verschiedenen Baustielen. Wie ein roter Faden zieht sich jedoch rote Backsteinarchitektur durch das Viertel.
Ein besonders prominentes Beispiel hierfür ist die Cincinnati Music Hall mit einer markanten Fassade im Stil der Gotik. Jenseits der beeindruckendes Gestaltung ist die Music Hall Cincinnatis erste Adresse für höchsten Kulturgenuss. Sie beherbergt unter anderem die Oper der Stadt und das Symphonie-Orchster. Das Springer Auditorium ist einer der größten historischen Konzertsäle und die Cincinnati Opera das zweitälteste Opernensemble des Landes.
Zu den Attraktionen im Over-the-Rhine zählt der Findlay Market. Auf Ohios ältestem Markt findet noch heute jedes Wochenende ein Wochenmarkt statt. Die 1841 als erste deutsche Kirche errichtete Old St. Mary’s Church ist Cincinnatis ältestes Gotteshaus und ebenfalls ein Muss bei einer Entdeckungstour.
Seinen Namen verdankt das Viertel dem Volksmund. Viele Bewohner des Stadtteils arbeiteten im Westend und mussten auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause den damaligen Miami and Erie Canal überqueren, den sie in Anlehnung an die alte Heimat als Rhein verballhornten. Sie gingen also über den Rhein.
Auch wenn diese Gegend heute ein touristischer Hotspot ist, hat Cincinnati jede Menge mehr zu bieten. Der Springbrunnen Tyler Davidson Fountain auf dem zentralen Fountain Square ist eines der Wahrzeichen Cincinnatis. Von den Einheimischen liebevoll als Cincinnati Angel bezeichnet, ist die 13 Meter hohe Skulptur einer der meistfotografierten Orte der Stadt. Der Platz ringsum lädt mit Cafés und Restaurants zum Verweilen ein.
Zahlreiche Museen zeugen davon, das die Stadt im 19. Jahrhundert eine der größten und wichtigsten der Nation war. Dazu zählt das Cincinnati Art Museum im Eden Park. Interessant ist das Cincinnati Union Terminal. Der Bahnhof mit seiner imposanten Hauptfassade beherbergt das Museum Center, einen Komplex aus verschiedenen Museen unter einem Dach.
Ein besonderer Ort ist das 1832 erbaute Harriet Beecher Stowe House. Das Wohnhaus der Schriftstellerin, die sich in Werken wie ihrem berühmten Roman Onkel Toms Hütte gegen die Sklaverei stellte, umfasst ein kleines Museum, das sich dem Leben und Wirken Stowes widmet und die Underground Railroad würdigt, ein geheimes Schleusernetzwerk, das Sklaven befreite und ihnen die Flucht in die Nordstaaten oder nach Kanada ermöglichte.
Ebenfalls einmalig ist das Taft Museum of Art. Nicht nur weil es als Kunstmuseum zahlreiche Werke alter Meister zur Schau stellt. Das Haus selbst ist eine Besonderheit. 1820 erbaut, ist es das älteste hölzerne Wohnhaus Cincinnatis, das heute noch existiert. Das Museum ist entgegen landläufiger Annahme nicht zu verwechseln mit dem Geburtshaus des einstigen Präsidenten der USA William Howard Taft, der in Cincinnati das Licht der Welt erblickte. Tafts Geburtsstätte befindet sich nördlich von Downtown. Als als William Howard Taft National Historic Site besonders geschützt, empfiehlt sich dieser Ort als weitere Station auf einer Entdeckungstour.
Sich von all den Eindrücken erholen kann man in einem der Parks der Stadt, zum Beispiel entlang der Ufer des Ohio River. Von der historischen John A. Roebling Suspension Bridge überblickt man die Skyline, aus der sich der markante Carew Tower erhebt. Das Bauwerk im schlicht-eleganten Art-Deco-Stil war zur Zeit seiner Errichtung im Jahr 1930 mit 175 Metern das höchste Gebäude der Stadt; eines der schönsten ist es noch heute.
Wo es so viel zu entdecken gibt, wird man früher oder später hungrig. Auch beim Essen ist mancher deutscher Einfluss bis heute spürbar. Die Einheimischen mögen eher deftige Hausmannskost, und das bekommen sie in Form von Goetta oder dem berühmten Cincinnati Chili. Während Goetta eine Wurst aus Fleisch und Getreide ist, die Einwanderer aus Nordwestdeutschland mit in die Neue Welt brachten, stammt das Chili vom Balkan und ist eine scharfe Sauce, die buchstäblich zu allem gereicht wird, was in Cincinnati auf einen Teller kommt. Beides sind Klassiker, die in unzähligen Restaurants der Stadt serviert werden.
Eine weitere Spezialität ist unechte Schildkrötensuppe, die wiederum aus Deutschland den Weg nach Cincinnati fand. Traditionell mit Innereien zubereitet, verwenden sie heute Hackfleisch als Grundlage. Aber keine Sorge, es gibt an jeder Ecke auch ganz ordinäre Burger oder Steaks. Und zum nachtisch oder als Leckerei zwischendurch empfiehlt sich ein Eis von Graeter’s. Die von deutschen Einwanderern begründete Eismanufaktur hat Eisdielen in der ganzen Stadt und ist inzwischen sogar in fünf Bundesstaaten vertreten.
Gutem Essen gewidmet ist das Festival Taste of Cincinnati. Alljährlich am Wochenende des Memorial Day gefeiert, ist es nicht nur das älteste Gastronomie-Fest der USA, sondern mit einer halben Million Besuchern auch eines der größten Straßenfeste überhaupt. Doch der wohl wichtigste Höhepunkt im Veranstaltungskalender ist das Oktoberfest. Benannt nach der alten deutschen Schreibweise der Stadt – Zinzinnati – ist es das zweitgrößte Oktoberfest der Welt.