West Virginia

„Almost Heaven, West Virginia“, der Beginn von John Denvers berühmtem Song „Take Me Home, Country Roads“ könnte den Bundesstaat kaum besser beschreiben. Ist West Virginia doch der einzige vollständig in den Appalachen gelegene Staat und somit dem Himmel ein Stück näher als andere Orte es sind. Der folgerichtig selbsternannte Mountain State bietet somit Natur und Erlebnisse ohne Ende.

Davon überzeugen kann man sich mit eigenen Augen zum Beispiel im New River Gorge National Park. Der Park umfasst eine spektakuläre Schlucht des New River. Eines der Highlights des Park ist die New River Gorge Bridge, eine der längsten und höchsten Brücken der USA. Beim Anblick der Stahlbogenbrücke fragt man sich unweigerlich, was spektakulärer ist – die Brücke selbst oder der Blick von ihr über die imposante Schlucht.

Vom Visitor Center des Nationalparks starten geführte Touren über diese Meisterleistung der Ingenieurskunst. Ganz für sich hat man das Bauwerk zum Bridge Day, den sie alljährlich am dritten Samstag im Oktober begehen. Dann ist die Brücke für Fahrzeuge gesperrt und wird von Tausenden Besuchern in Beschlag genommen. Bei diesem Event darf auch mit Fallschirmen in die Tiefe gesprungen werden. All das macht den Bridge Day zu einem der wichtigsten Events in West Virginia.

Spätestens Orte wie dieser widerlegen das sich hartnäckig haltende Vorurteil, West Virginia sei eine Bergbau- und Industrieregion, um die man besser einen Bogen macht. Ganz im Gegenteil. Denn neben herrlicher Landschaft, an der zur Zeit der Industrialisierung tatsächlich Raubbau betrieben wurde, die sich aber dank der Kräfte der Natur längst von den schlimmsten Wunden erholen konnte, wartet West Virginia mit historischen Schauplätzen auf, die man wie Kronjuwelen bewahrt.

Eine der herausragenden Destinationen in dieser Hinsicht ist Harpers Ferry unmittelbar am Dreiländereck, das West Virginia mit Virginia und Maryland bildet. Die historische Fährstation am Zusammenfluss von Shenandoah River und Potomac spielte eine Schlüsselrolle in der Geschichte der USA. Errichtete man doch hier eine Waffenfabrik, die als Geburtsort moderner industrieller Standards gilt. Ein misslungener Angriff auf die Fabrik von Sklaverei-Gegnern im Jahr 1859 ist eines der Ereignisse, die dazu beitrugen, den späteren Bürgerkrieg zu entfachen.

Die durch Harpers Ferry verlaufende Eisenbahn war die erste kommerzielle Bahnlinie des Landes; der vorbeiführende Chesapeake and Ohio Canal zählt zu den herausragenden Ingenieursleistungen der Zeit der Industrialisierung. Er steht heute als Chesapeake and Ohio Canal National Historic Park nicht nur unter Schutz. Er ist ein bedeutendes Ausflugsziel, das Geschichte und Natur vereint.

Und noch etwas macht Harpers Ferry besonders. Nicht weit von hier befindet sich der Mittelpunkt des Appalachian Trail, des wohl berühmtesten Fernwanderweges der USA, der von Maine bis nach Georgia führt. Im Harpers Ferry National Historical Park kann man auch jenseits dieses berühmten Trails auf etlichen Meilen wandern – so wie auch im Rest West Virginias. Allein in den 37 State Parks und mehreren State sowie National Forests gibt es jede Menge gut erschlossener Wanderwege inmitten herrlicher Landschaft.

Wem Wandern zu wenig anspruchsvoll ist, findet in der bergigen Region natürlich auch hervorragende Möglichkeiten zum Klettern. Die schroffen Klippen der Seneca Rocks im Ostteil des Staates gelten als eine der besten Kletterdestinationen der östlichen USA. Nicht weit davon erhebt sich mit dem Spruce Knob der höchste Berg des Staates, von dessen Spitze sich ein 360-Grad-Panorama über die traumhafte Gebirgslandschaft bietet. Beide Orte sind als Spruce Knob-Seneca Rocks National Recreation Area nicht nur besonders geschützt, sondern Ziel vieler Ausflügler.

Nicht zuletzt dank seiner Topografie bietet der Mountain State unzählige weitere Optionen, sich in Abenteuer zu stürzen. So lockt etwa der Cheat River zu einer unvergesslichen Raftingtour, während man quasi nebenan die Landschaft in einem Hochseilgarten aus der Vogelperspektive entdeckt. Das unweit befindliche Morgantown ist eine der hübschen Städte, mit denen sich West Virginia ebenfalls schmückt, ohne dabei groß aufzutragen. Selbst die Hauptstadt Charleston zählt nur 50.000 Einwohner, punktet dafür bei ihren Besuchern aber umso mehr mit idyllischem Charme.

Der Tourismus ist mittlerweile einer der wichtigsten Wirtschaftszweige West Virginias. Mit dem Greenbrier Hotel beherbergt West Virginia sogar eines der mondänsten Hotels der USA. Zahlreiche Staatsoberhäupter aus aller Welt und Präsidenten der USA waren hier schon zu Gast. Das Luxushotel befindet sich in White Sulphur Springs nahe der Grenze zu Virginia. In dem Hotel ist ein riesiger Bunker untergebracht, der heute im Rahmen geführter Touren besichtigt werden kann. In dem einstmals streng geheimen Unterschlupf sollte im Notfall der Kongress der USA unterkommen. Ebenfalls eine Erwähnung wert ist das Spa des Hauses, in dem man sich auf höchstem Niveau verwöhnen lassen kann.

Eine Nummer kleiner geht es in vielen anderen Badehäusern West Virginias zu, das reichlich mit heißen Mineralquellen gesegnet ist. Hier lässt sich nach einem Tag voller Entdeckungen ausgezeichnet relaxen. Da fühlt man sich dem Himmel ganz nah – Almost Heaven, typisch West Virginia eben.

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