Amarillo ist der Mittelpunkt des Texas Pandhandle. Als bedeutendster Ort auf dem langen Abschnitt der historischen Route 66 zwischen Oklahoma City und Albuquerque bietet die 200.000 Einwohner zählende Stadt die ideale Gelegenheit, eine Pause einzulegen. Und gern auch etwas länger zu bleiben. Denn die Stadt, deren Name spanisch ist und Gelb bedeutet, hat einiges zu bieten. Wahrscheinlich sogar mehr, als man zunächst vermuten würde.
Dabei lohnt es sich, zunächst der Route 66 etwas nähere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn Amarillos Geschichte ist zu einem guten Teil mit dieser legendären Autostraße verwoben. Der Route 66 Historic District entlang der heutigen 6th Avenue hält die Glanzzeiten der berühmten Straße lebendig und zieht so manchen in seinen Bann. In dem Bereich zwischen Georgia Street und Western Street gibt es kaum einen Platz, der ohne einen Hinweis auf die 66-Tradition auskäme. Auf Reklameschildern, in Firmennamen ist der Hinweis auf die berühmte Straße omnipräsent.
Im Sommer wird die Straße jeden Samstagabend zu einer einzigen Partymeile. Beim Saturday Night Cruise präsentieren die Einheimischen Oldtimer und skurrile Gefährte aller coleur, während man von einem der Restaurants an der geschichtsträchtigen Meile dem Treiben standesgemäß beiwohnen und in gewisser Weise die alte Zeit hochleben lassen kann. Als Location hierfür tut sich das Golden Light Café besonders hervor. 1946 eröffnet und seitdem ununterbrochen bewirtschaftet, ist es das älteste Restaurant in Amarillo. Mit dem zehntägigen Texas Route 66 Festival Anfang Juni feiern sie die berühmte Straße übrigens jedes Jahr aufs Neue.
Überhaupt ist die Stadt bis heute tief in ihrer Tradition verwurzelt. Ganz im Zeichen rauen Cowboytums stehen einige der wichtigsten Events in Amarillo. Die dritte Septemberwoche wird vom Tri-State Fair & Rodeo dominiert, während sie im November das World Championship Ranch Rodeo zelebrieren. Doch auch in den anderen Monaten hält der Event-Kalender der Stadt zahlreiche weitere Rodeos bereit.
Eines der unbestrittenen Highlights ist der jährliche Coors Cowboy Club Cattle Drive, ein Auftrieb mit 60 Texas Longhorns, erinnert an Amarillos Tradition als einer der bedeutendsten Handelsplätze für Vieh im 18. und 19. Jahrhundert. Dabei geht nichts ohne Pferde, und oft sind es American Quarterhorses, die zum Einsatz kommen. Dem Reitsport im Allgemeinen und dem American Quarter Horse im Besonderen huldigt die American Quarter Horse Hall of Fame mit angeschlossenem Museum. Hier dreht sich alles um die verbreitetste Pferderasse der Welt.
Rustikal und so typisch für Texas wie sonst kaum irgendwo in der Umgebung geht es im The Big Texan zu. Das Steakhaus mit angeschlossenem Motel ist eine Institution, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist. Hinter der markanten gelben Fassade verbirgt sich ein Restaurant, in dem alles eine Nummer größer ist. Berühmtheit erlangte es durch sein 72-Unzen-Steak. Wer es mitsamt Beilage innerhalb von einer Stunde zu verspeisen schafft, bekommt es kostenlos. So oder so, hier lässt sich selbst der größte Hunger stillen.
Gut gestärkt, lohnt sich dann vielleicht ein Blick auf Amarillos schöngeistige Seite, die dem raubeinigen Charme durchaus die Stirn zu bieten versteht. Das Globe-News Center for the Performing Arts ist die Heimat der Amarillo Opera, der Amarillo Symphony und des Lone Star Ballet. Das Amarillo Art Center beherbergt unter anderem das Kunstmuseum der Stadt.
Um Kunst geht es auch beim Hoodoo Mural Festival im Oktober. Dann strömen Künstler aus dem ganzen Land nach Amarillo und ergänzen die großen Wandbilder, die man bereits an vielen Orten der Stadt vorfindet, um neue Kreationen. Ebenfalls im Oktober kann man sich im Rahmen alljährlichen Festivals Jazztober jeden Dienstagabend im historischen Bivins Home Jazz-Konzerten hingeben und das Dasein genießen. Mit zahlreichen weiteren Museen und Ausstellungen verspricht Amarillo noch so manchen weiteren Kontrast zu dem rustikalen Ruf, der ihm vorauseilt.
Konstrastreich geht es dann auch in der Umgebung zu. Denn die Landschaft rings um Amarillo mag karg erscheinen, doch auch hier lohnt sich näheres Hinschauen. Nur ein paar Meilen südöstlich der Stadt verbirgt sich mit dem Palo Duro Canyon eine Kostbarkeit, die zu den schönsten Gegenden in Texas zählt. Der Canyon ist die zweitlängste Schlucht der USA und wird gern als Grand Canyon von Texas umschrieben. Wenngleich das die Erwartungen dann doch etwas zu hoch schraubt, ist der Canyon allemal ein äußerst bemerkenswertes Ausflugsziel.
Geschützt als State Park, verbringen die Einheimischen am Wochenende hier gern erholsame Stunden beim Wandern, Picknicken, Campen und all den anderen Möglichkeiten, die die Natur verspricht. Eine der populärsten Wanderungen führt zum Lighthouse Rock, einem Fels, der doch tatsächlich wie ein Leuchtturm am Ende einer Mole dasteht.
Kehrt man Amarillo schließlich irgendwann den Rücken, lohnt sich die Weiterreise wiederum auf der historischen Route 66 gen Westen. Kurz hinter der Stadtgrenze taucht mit der Cadillac Ranch aus dem Staub eine der skurrilsten Sehenswürdigkeiten in Texas auf. Sie besteht aus zehn halb im Boden vergrabenen Cadillacs und hat sich seit ihrer Schaffung im Jahr 1974 zu einer der Attraktionen Amarillos entwickelt. Wer mag, kann sich hier zum Abschied sogar noch mit einem persönlichen Graffiti verewigen.